Der Groove der alten Meister – Konzertkritik Festival Schwäbisch Hall

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Mit dem munter aufgelegten Herbert-Joos-Quartett startet das internationalen Jazz-Art-Festival in der Haller Hospitalkirche in seine elfte Auflage.
Virtuos, kraftvoll, frisch und voller Humor – so kommt der Sound daher, wenn der 77-jährige Herbert Joos mit seinen musikalischen Mitstreitern mal richtig losjazzt. Sein Geburtstag liegt gerade mal ein Tag hinter ihm, da steht Joos schon wieder auf der Bühne: in der Haller Hospitalkirche. Der Altmeister der Jazztrompete, und vor allem des Flügelhorns, eröffnet das elfte internationale Jazz-Art-Festival. Zu seinem Quartett gehören an diesem Abend der Schlagzeuger Günther „Baby“ Sommer – auch schon 73 Jahre alt –, der Pianist Patrick Bebelaar sowie Frank Kroll mit Sopransaxofon und Bassklarinette.
Die meisten Stücke des Abends stammen aus der Feder von Bebelaar und Joos. In „Dusch Maja“, das auf Russisch so viel bedeutet wie „meine Seele“, verwandelt Bebelaar den Flügel zunächst in ein Perkussionsinstrument. Dazu setzt Joos mit dem gestopften Flügelhorn weiche, fast gehauchte Akzente. Immer wieder lässt er aber auch die Brillanz des Tones durchschimmern.
Überhaupt ist es spannend, zu hören, welch unterschiedliche Klangfarben Joos seinen Instrumenten entlocken kann. Mit dem Luftstrom raut er den Ton an und erinnert damit fast an eine
Blues-Stimme. Bei einem ausgelassenen Duo mit Schlagzeuger Sommer singt er förmlich in die Trompete und lässt dadurch an mongolischen Obertongesang denken. Unter dem Motto „Jahreszeiten“ unternehmen die Musiker eine gut gelaunte Klangreise durch die Welt der Melodien, Rhythmen und Stile. Bebelaars als Liebesballade angekündigtes „Never thought ist could happen“ beginnt ungezügelt und wild – bis der Song in verträumte Melodien mündet.
Ein Ohrenschmaus ist auch Joos’ „Song for Thelonious“. Gewidmet ist es dem Pianisten Thelonious Monk (1917 – 1982), der als Mitbegründer des Bebop gilt. Klar, dass Sommer mit den Drums vergnügt losgaloppiert und die anderen mitreißt. Nebenbei kann Joos zeigen, dass er auch Scat-Gesang beherrscht.
In Bebelaars facettenreicher Komposition „The truth and other lies“ bewegen sich die Musiker durch ganze Klangkulissen – und landen schließlich bei einem eingängigen Bossa nova von Antonio Carlos Jobim.
Die Jazzmusik nur mit den Ohren zu verfolgen und die Augen zu schließen, wäre vor allem bei Schlagzeuger Günther Sommer eine Vergeudung. Wie sich der perkussive Zeremonienmeister an seinen Becken und Trommeln geradezu auslebt, und darüber hinaus auch noch einfallsreiche Grimassen schneidet, ist schlicht ein Erlebnis. Das Publikum in der gut gefüllten Haller Hospitalkirche applaudiert beeindruckt. Und als Dank lassen es Joos & Co. mit einem satten Blues in ihrer Zugabe dann noch einem richtig grooven.

Bettina Lober, 

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