Die Musik bahnt manchem den Weg aus dem Elend
LEONBERG – Es ist – bei aller Not – diese lebensbejahende Grundeinstellung, die Patrick Bebelaar und Frank Kroll an den Menschen in Südafrika so fasziniert. Für Bebelaar war es das vierte, für Frank Kroll das dritte Mal, dass sie der Jazz im Juni auf die südliche Halbkugel führte.
Von Friederike Voß
Die beiden Musiker, die unter anderem an der Jugendmusikschule Leonberg unterrichten, gehen immer wieder in die Townships, wo viele schwarze Kinder und Jugendliche zu Hause sind. Patrick Bebelaar hat dafür in diesem Jahr einen Holzpokal mit Goldinschrift, den Special Award des Königreiches Kwazulu Natal, bekommen. Ganz beiläufig bei einem Essen mit dem König.
„Ich habe immer versucht, diesen Menschen anders zu begegnen. Nicht als Wissender, nicht als Lehrer“, schreibt Patrick Bebelaar in seinem Bericht für die Sponsoren, ohne die der knapp dreiwöchige Aufenthalt im Juni nicht möglich gewesen wäre. 1995, kurz nach der Wende in Südafrika, reiste Bebelaar mit einem Stipendium der Universität von Natal in Durban zum ersten Mal für ein halbes Jahr nach Südafrika. 1994 war Nelson Mandela zum Präsidenten des Landes gewählt worden. Und heute, fast zehn Jahre später? „Die Menschen haben das Gefühl, dass es langsam besser wird. Die Townships,“ so erzählt Bebelaar, „haben inzwischen fließendes Wasser und Strom. Die Hütten weichen zunehmend Häusern.“
Doch herrscht in den Townships Gewalt, bekriegen sich Banden, sind Raubüberfälle nicht selten. „Die Hauptangst derer, die dort leben, ist die vor der Gewalt“, weiß Bebelaar. Auch Kroll, der Stuttgarter Fotograf Rüdiger Schestag, der die beiden einige Tage begleitete, und Bebelaar wurden beinahe Opfer eines Überfalls.
Frank Kroll und er begreifen ihre Arbeit in den Townships als eine sanfte Art der Entwicklungshilfe, ein Stück Sozialarbeit. „Geld verdienen wir in diesen drei Wochen nicht“, wehrt Patrick Bebelaar ab. Sie seien froh, wenn überhaupt die Kosten über die Sponsoren – ein Reiseunternehmen, südafrikanische Hotels, DaimlerChrysler und das Land Baden-Württemberg – abgetragen werden können.
Dieses Mal haben Kroll und Bebelaar eine Masterclass an der Uni von Durban und drei Workshops in den Räumen der Heilsarmee von Durban geleitet. Vermittelt hatte die Kontakte Darius Brubeck, der Sohn des berühmten Jazzpianisten Dave Brubeck, der an der Universität Durban unterrichtet. „Die Musik kann für manche eine Perspektive sein, aus dem Township herauszukommen.“ Bebelaar hat gleich das Beispiel eines jungen Schwarzen bei der Hand, den er vor drei Jahren in Johannesburg kennen gelernt hat und der im Juni als Bassist in der Masterclass wieder auftauchte. Außerdem kommen im nächsten Frühjahr drei junge südafrikanische Musiker nach Deutschland, mit denen die beiden Jazzer konzertieren werden. Dass die Dias von Rüdiger Schestag dabei für Reisen in das Land Südafrika werben werden, nehmen Kroll und Bebelaar gern in Kauf.
Nicht europäisches Wissen vermitteln sie. Das Geheimnis liegt vielleicht in der Begegnung, die die Musik auch über Sprachgrenzen möglich macht. „Wir arbeiten in den Townships in bereits bestehenden Musikprojekten, die sich fast immer mit Jazz beschäftigen“, erzählt Bebelaar. Doch auch die Musik und die Tänze der Zulus, der Hauptbevölkerungsgruppe, werden dort wiederbelebt und gelehrt. Da kommt den beiden deutschen Jazzern zugute, dass sie einiges an weltmusikalischer Erfahrung mitbringen, mit indischen Musikern ebenso zusammengearbeitet haben wie mit solchen aus dem arabischen Kulturkreis. Das macht für sie diese Begegnungen auch so interessant.
„Erst spielen die Kinder, dann wir“, versucht Bebelaar zu umreißen, wie eine Begegnung aussieht. „Dass wir uns nicht zu schade sind, mit ihnen zu spielen und zu arbeiten, dass wir ein schlechtes Keyboard oder einen ungenügenden Raum in Kauf nehmen, das rechnen uns die Südafrikaner hoch an.“ Dass sie dafür einiges zurückbekommen, gibt Bebelaar gern zu: „Neben den Begegnungen spielt die gute Stimmung, die die Musik der Zulus vermittelt, eine große Rolle. Auch wenn man sich daran gewöhnen muss, dass man auf zwei, drei Akkorden hängen bleibt.“ Die Schwermut der deutschen Musik, mit der Bebelaar groß geworden ist, wolle er schon pflegen. „Aber ich breche sie immer wieder auch gern.“
Leonberger Kreiszeitung, 31.7.2000
Another kind of jazz with Bebelaar and KrollI just made it to the NU Jazz Centre last week and so had the pleasure of hearing the German-based duo Patrick Bebelaar on piano and Frank Kroll on soprano saxophone present their largely self-composed material.
Now this is jazz of another kind, I thought: sparkling technique, challenging musical concepts and gut-churning virtuosity. The venue was unusually quiet as Bebelaar and Kroll offered a range of compositions from romantic ballads to searing, blasting, tormented works. They punctuated their own scores with fascinating renderings of a couple of standards using a fresh approach that avoided being self-consciously clever.
Unfortunately, their visit coincided with university exams, so the concert was not well attended and the proposed workshop had to be cancelled. It has become increasingly clear that we (audiences, students, teachers and seasoned musicians) desperately need ideas from musicians who have taken different paths and who can open doors, both creatively and technically. Their concert certainly left my head and heart spinning.
Gisele Turner, (Jazzeye), for Daily News June 8 2000That’s what I love about Durban – there are diamonds in the dust for those with eyes to see. Last Wednesday’s concert at the NU Jazz Centre, featuring Patrick Bebelaar and Frank Kroll on piano and soprano saxophone respectively, gave us music to remember until our dying day.
Passionate, creative, committed, meaningful, inspiring, moving music. Bebelaar approaches the piano as a serious playmate: ready for anything – as long as it’s good. Kroll reveals the most extraordinary range of sounds in a humble and humbling way. Together they are sublime!
The duo, here in Durban thanks to funding from Daimler Chrysler, has a lot to offer in the way of musical advancement.
Apart from their bewitching performances, their expertise in matters creative and technical can change lives and influence aspiring musicians in the best possible way – opening them up to artistic possibilities and instilling fresh attitudes.
We need artists of the calibre of Bebelaar and Kroll to spend a little more time in our sunny east coast city spreading their special message and shifting paradigms.
Gisele Turner (Jazzeye) for Daily News Durban
Eines Lehrers weite Reise zu begierigen Schülern
Jazzpianist Patrick Bebelaar leistet zusammen mit Frank Kroll in südafrikanischen Townships musikalische Entwicklungshilfe
LEONBERG. Als Weltmusiker sieht sich der Jazzpianist Patrick Bebelaar nun nicht gerade. Und trotzdem: Es zieht ihn immer wieder in fremde Länder. Zuletzt hat er gemeinsam mit Frank Kroll drei Wochen an südafrikanischen Universitäten und in den Townships unterrichtet.
Die Welt ist klein. Für einen Jazzer wie Patrick Bebelaar sowieso. Aber als einer der Workshopteilnehmer in Durban die Noten, die Bebelaar verteilte, dankend ablehnte, und zwar mit der Begründung, er kenne das Stück bereits, da staunte selbst Bebelaar. Des Rätsels Lösung: Seit er 1996 als Stipendiat an der University of Natal in Durban weilte, sind seine Aufnahmen in der dortigen Universitätsbibliothek erhältlich. Und dort, so gestand der Fan, habe er sich das Stück einfach angehört und abgeschrieben, um es selbst spielen zu können.
Schon einmal hatte Bebelaar in Südafrika unterrichtet, vor zwei Jahren. Doch dieses Mal, schwärmt er noch jetzt, sei alles ganz anders gewesen. Vor allem die Besuche in den Townships zwischen Kapstadt und Durban haben ihn begeistert. Die Lehrer dort hatten die Workshops gut organisiert, die Schüler waren motiviert, und selbst an Instrumenten fehlte es nicht. Sogar für eine sichere Anreise war gesorgt. Keine Selbstverständlichkeit. „Musik ist eine Chance, ein halbwegs normales Leben außerhalb der Townships zu führen“, sagt Bebelaar.
Anders als in den Universitäten ging es hier nicht darum, mit Studenten die Kunst der Improvisation einzuüben. „Die Hauptsache war die Motivation“, sagt Bebelaar und versucht zu beschreiben, warum er um die halbe Welt fliegt, um das zu tun, was er auch an der Leonberger Jugendmusikschule nebenbei tut: Kinder unterrichten. „Für die Schüler ist es etwas völlig anderes, wenn einer von so weither kommt und dann auch noch für sie spielt. Von so einem Lehrer nehmen sie viel mehr an.“
Insofern, sagt er, sieht er Projekte wie die des ehemaligen amerikanischen Präsidenten Jimmy Carter, der Häuser in den Vierteln der Schwarzen baut, inzwischen auch in einem anderen Licht. „Es ist kein Blödsinn, Leute von außerhalb einzufliegen. Das gibt den Menschen dort das Gefühl, wir sind vom Rest der Welt nicht vergessen.“
Bei einem seiner Konzerte weinten Besucher, weil es das allererste Konzert ihres Lebens war. Niemals zuvor hatte ein Musiker sich in ihr Viertel begeben und umsonst für sie gespielt. Die meisten, die in einem der Townships leben, können sich Konzerte gar nicht leisten. Nicht zuletzt solche Eindrücke haben den 31-jährigen Jazzpreisträger des Landes Baden-Württemberg und seinen Freund Frank Kroll veranlasst, viel Geld in die Reise zu stecken, die von Daimler-Chrysler mit 2500 Euro gesponsert worden war.
Nicht zuletzt deshalb würden sie am liebsten bald zurückkehren und ihre Arbeit fortsetzen. Spätestens in einem halben Jahr Auch Darius Brubeck, Leiter des Centre for Jazz and Popular Music an der University of Natal in Durban und Sohn des berühmten Dave Brubeck, hat sie darum gebeten. Dann könnten die beiden Jazzer ausgewählte Bands fördern und helfen, mit Hilfe des Jazz die immer noch latente Apartheid abzubauen. „Sie könnten die eigene Kultur aufgreifen und herausarbeiten, anstatt das nachzuspielen, was die amerikanischen Jazzer machen“, sinniert Bebelaar. Um den Kindern in den Townships zu helfen, denkt er über Patenschaften für Instrumente nach. Und führt bereits erste Gespräche mit Sponsoren.
(Stuttgarter Zeitung, 15.6. 02)
Neue Töne in Südafrika
Experimentelle Musik am Kap: Patrick Bebelaar im Gespräch
Herr Bebelaar, Sie sind gerade von einer Konzertreise durch Südafrika zurückgekehrt. Es war nicht Ihre erste Fahrt ans Kap – es scheint, Sie haben bereits eine besondere Beziehung zu Südafrika.
Oh ja. Nach meinem einjährigen Studienaufenthalt in Durban 1996 und einer Workshop-Reise durch Südafrika vor zwei Jahren wollte ich mit meinem Freund, dem Holzbläser Frank Kroll, unbedingt der Einladung südafrikanischer Freunde Folge leisten. Leonbergs Oberbürgermeister Bernhard Schuler hat den Kontakt zu DaimlerChrysler hergestellt, so dass unsere Reise erfreulicherweise gesponsert wurde.Man hat Sie den „leisesten und lautesten Jazzpianisten hier zu Lande“ genannt.
Wie wird dieser leidenschaftliche und widerborstige Jazz aus Baden-Württemberg in Südafrika aufgenommen?
Überschwänglich. Darius, der Sohn von Dave Brubeck, hat einen Musik-Lehrstuhl in Durban. Er hat zu Frank Kroll und mir gesagt, wir seien an der „Formulierung einer neuen demokratischen Musiksprache“ in Südafrika beteiligt.
Und wie reagiert das Konzertpublikum?
Wir haben in Konzertsälen gespielt, aber auch vor Menschen in Townships, die noch nie ein Konzert besuchen konnten und sich nach einem friedlichen multikulturellen Miteinander sehnen. Die Reaktionen haben uns überwältigt: Viele haben geweint, weil sie von unserer Musik, die Leid und Leidenschaft auszudrücken versucht, stark berührt waren. Nachdenklich gemacht hat mich allerdings die Bemerkung eines Besuchers, es handle sich dabei um „Selbstmordmusik“.
Ihr neues Werk, die Suite „You Never Lose An Island“, klingt nach dem in der Tat nachtschwarzen Vorgänger „Passion“ lebensfroh und heiter.
Ja. Wir mischen zur Zeit die Aufnahmen mit dem Trompeter Herbert Joos, dem französischen Tubaspieler Michel Godard und meinem regulären Partner Frank Kroll, die uns viel Freude gemacht haben, ab. Das wird auf unserer nächsten CD zu hören sein.Sie haben in Südafrika nicht nur Konzerte gegeben, sondern auch Jazz-Work-Shops durchgeführt.Wir haben dabei wieder eine Menge junger Menschen kennen gelernt. Viele unter ihnen können sich nicht einmal ein Instrument leisten. Unsere gemeinsame musikalische Arbeit hat ihr Selbstwertgefühl verstärkt und ihnen Mut für die Zukunft gegeben. Darius Brubeck hat uns gebeten, bald wieder zu kommen und das Band-Projekt, das wir ins Leben gerufen haben, weiter zu begleiten.
Fragen: Thomas Staiber, Stuttgarter Nachrichten, 21.6.02
Kulturelle Begegnungen in Leonberg und Durban
Kulturelle Begegnungen – unter diesem Stichwort fasste Oberbürgermeister Bernhard Schuler bei einer Pressekonferenz am Freitagmorgen das zusammen, was die Jazzmusiker Frank Kroll und Patrick Bebelaar in die Stadt bringen und aus ihr in die Welt hinaustragen.
Von Christine Bilger
Zwei erfreuliche Botschaften hatten Kroll und Bebelaar im Gepäck. Zum einen berichteten sie von ihrer jüngsten Reise nach Südafrika. Zum anderen kündigten sie ein ausgefallenes Konzert am kommenden Dienstag, 11. Juni, im Spitalhoftheater an, bei dem neben Kroll (Saxofon, Klarinette), Bebelaar (Klavier) und Herbert Joos (Trompete, Flügelhorn) der in Leonbergs Partnerstadt Belfort geborene Tubist Michel Godard mitwirken wird.
Gerade von ihrer zweiten gemeinsamen Reise nach Durban zurückgekehrt, sind die beiden Leonberger Jazzmusiker noch voll der Eindrücke von ihrer Reise. Sowohl ihr Konzert dort als auch ihre Arbeit mit Jugendlichen in einer Township waren für beide herausragende Erlebnisse.
Im Gegensatz zu ihrem Südafrika-Aufenthalt vor zwei Jahren haben Kroll und Bebelaar in Durban bei der jüngsten Reise längere Zeit an einer Stelle unterrichtet. Selbst staunend berichteten sie von den Verhältnissen dort. Die Instrumente bleiben in der Musikschule, die fortgeschrittenen Kinder geben ihr Wissen an jüngere weiter. Ihr Anliegen bei den Jazzworkshops mit den Jugendlichen ist, „Mut zu machen“. Ihre Proben fanden im Rahmen eines Projekts statt, in dem die Kinder und Jugendlichen regelmäßig betreut werden. Sie sollen erfahren, dass ihnen mit dem Ende der Apartheid andere Möglichkeiten offen stehen als den Generationen vor ihnen. Bebelaar und Kroll hoffen, wieder einmal nach Südafrika fahren zu können um ihre Arbeit fortzusetzen, doch wird das wie in diesem Jahr wieder von Sponsoren abhängen. Die Reise wurde von DaimlerChrysler unterstützt, nachdem Oberbürgermeister Schuler den Kontakt hergestellt hatte.
„Die Belforter haben von uns erfahren, dass Michel Godard aus ihrer Stadt stammt“, berichtete Bernhard Schuler. Durch die zufällige Entdeckung der Beziehung des international bekannten Jazzmusikers zur Partnerstadt entstand die Idee, zum 25-jährigen Bestehen der Partnerschaft ein Konzert mit Godard zu organisieren. Am Dienstag ist es so weit: Godard steht mit Kroll, Bebelaar und Herbert Joos, der auch als Solist des „Vienna Art Orchesters“ bekannt ist, um 19.30 Uhr auf der Bühne des Theaters im Spitalhof. Dabei werden die Zuhörer die Uraufführung der Suite „You never lose an island“ erleben. Patrick Bebelaar kündigte an, die Suite sei „sehr komplex und melodisch“ geraten, zudem versprach er, man könne im Gegensatz zu seinen sonstigen Werken „auch mal lächeln“, nicht gar so ernsthaft habe er diesmal geschrieben. Des Weiteren stehen zwei Volkslieder auf dem Programm, an die tausend Jahre alt, überarbeitet von Bebelaar. Er habe sich dabei von Godard inspirieren lassen, der gern Volkslieder aufgreift.
Das Konzert wird von der SWR 2 Jazzredaktion aufgezeichnet. Wer am Konzert am Dienstag Gefallen findet, darf sich zum einen auf die Ausstrahlung im Rundfunk freuen. Außerdem stellten Bebelaar und Kroll in Aussicht, dass auch eine CD entstehen könnte, der SWR überlässt den Musikern das Band.
(Leonberger Kreiszeitung, 10.6.02)
Eine Fotoreise zu den Wurzeln des Jazz
LEONBERG – Die Saxofone blitzen in einer Reihe; junge Leute lauschen konzentriert, spielen Posaunen, tanzen und lachen. Und bis auf drei Gesichter sind alle schwarz. Das soll Leonberger Stadtgeschichte sein?Von Friederike VoßEs kommt darauf an, wie weit man Stadtgeschichte fasst. Weder Patrick Bebelaar noch Frank Kroll sind Leonberger Bürger. Und auch Durban liegt sehr weit weg, in Südafrika. Viermal sind die Jazzmusiker und Dozenten an der Jugendmusikschule Leonberg dorthin gereist, um mit Jugendlichen in den Townships, wie die Elendsviertel dort heißen, Musik zu machen. Um Zeichen zu setzen gegen die Gewalt, die dort herrscht. Und um von der Lebensfreude zu tanken, die dort trotz allen Elends die Menschen bewegt. Eine kleine Ausstellung im Stadtmuseum Leonberg erinnert bis zum 19. September daran.
Eigentlich kommt sie doch von dort, diese Musik, die so swingt, sich ständig wandelt, so schräg sein kann und trotz aller Kompositionskunst stets neu klingt. Irgendwo in Afrika steht die Wiege des Jazz – noch bevor die Musik nicht eben freiwillig nach Amerika weitergetragen wurde. Und dorthin haben der Pianist Patrick Bebelaar und der Saxofonist Frank Kroll ihren Jazz, ihre Spielfreude, ihre Lust an der Improvisation zurückgetragen. Nach Südafrika. Das erste Mal 1994, Nelson Mandela war gerade Präsident geworden.
Beim vierten Mal 2003 reiste der Stuttgarter Fotograf Rüdiger Schestag mit und hat die Workshops in den schwarzen Townships von Durban dokumentiert. Schwarzweiß-Fotografien, die dennoch schillernd und lebendig von dem Austausch und dem Miteinander der Musiker und der Dozenten erzählen. Dias werden zudem an die Wand projiziert, die zu den intimen Bildern der musikalischen Arbeit die südafrikanische Außenwelt – Stadtansichten, Landschaften, Tiere, auch Menschen von der Straße – in Farbe dagegensetzen. Dazu hat Museumsleiter Klaus Konz Vitrinen eingerichtet. Die Protagonisten Schestag, Kroll und Bebelaar stellen sich selbst darin vor. Souvenirs aus Afrika – Stoffe, ein Daumenklavier oder Holzfiguren – sollen zudem ein bisschen Flair zaubern. Jazz von Kroll, Bebelaar und ihren Formationen wird eingespielt. Die Musiker haben dazu afrikanische Werke ausgewählt.
Mit einer Verbeugung vor dem südafrikanischen Komponisten Solomon Linda, der verarmt in Soweto starb, hatten Kroll an der Bassklarinette und Bebelaar am Flügel übrigens die Ausstellung außer Haus, im Spitalhof, eröffnet. Lindas Welthit „The lion sleeps tonight“, von dem er selbst nicht profitierte, schälte sich allmählich aus den Improvisationen der Musiker heraus. Kroll ließ sein Instrument röhren, keckern, klopfen. Ein bisschen Farbe aus dem „mighty jungle“ klang da schon durch.
weitere Links zur Presse:
Stuttgarter weltweit, SN
Mangel an Noten und Instrumenten, RZ
Jazzpodium 2010